Schrift
Für einen bewussten Umgang mit Schrift sollten einige Meilensteine aus deren Entwicklung bekannt sein. Die Geschichte der Schrift kennt kein genaues Anfangsdatum. Vielmehr stellt sie einen kontinuierlichen Prozess dar, der wohl solange es Menschen gibt sich stetig wandeln wird.
Um 1000 v. Chr.
Phönizier
Als Initialzündung für unser heutiges Schriftsystem kann die Schrift der Phönizier bezeichnet werden, welche die älteren Schriftsysteme der Ägypter, Sumerer und Kreter vereinte und heute als Ursprung nicht nur des lateinischen, sondern auch des hebräischen, arabischen und indischen Alphabets gilt. Die Phönizier waren die ersten, die sich komplett von figürlichen Zeichen lösten und ein rein phonetisches Alphabet aus abstrakten Schriftzeichen kreierten.

Um Chr. Geb.
Die Römische Capitalis Quadrata
Über die Griechen, welche die Schrift der Phönizier weiterentwickelten, gelangten die Buchstaben nach Rom. Um Christi Geburt war die lateinische Schrift in Form der Römischen Capitalis etabliert und breitete sich mit dem römischen Reich weiter aus. Sie wird unterschieden in die Capitalis Monumentalis, welche mit dem Meissel in Stein gehauen wurde und die Capitalis Rustica, welche eine einfachere Schreibschrift für den Alltagsgebrauch darstellte. Ihren Namen trägt die Capitalis Quadrata, weil ihre Buchstaben vom Quadrat und dessen Teilung abgeleitet wurden. Es handelt sich um eine Versalschrift, da sie rein aus Grossbuchstaben besteht. Der Begriff findet sich heute noch im englischen Caps (Grossbuchstaben) und Small Caps (Kapitälchen).

Mittelalter
Uziale und Minuskel
Charakteristisch für die uneinheitliche Vielzahl an Unzial Schriften, welche in der Spätantike und dem frühen Mittelalter aufkamen, war der Verzicht auf (deutliche) Serifen und das Auftreten von Ober- und Unterlängen, das heisst die Buchstaben waren nicht mehr alle gleich hoch. Noch ausgeprägter war dieses Charakteristika bei der späteren Vereinheitlichung des Schriftsystems durch Karl den Grossen, der sogenannten karolingischen Minuskel.

Um 1500
Buchdruck
Als Erfinder der Buchdruckerkunst wird gemeinhin Johannes Gutenberg genannt. Tatsächlich gab es wohl davor schon in China ähnliche Verfahren, und auch in Europa war bereits vor Gutenberg mit Holzlettern gedruckt worden. Der gelernte Goldschmied Gutenberg entwickelte aber ab ca. 1450 ein Verfahren zur Herstellung von beweglichen Lettern aus Blei, welches die Herstellung und Vervielfältigung der Schriften revolutionär beschleunigte.
Erste Antiqua
Die Capitalis Monumentalis kann als die Mutter unserer heutigen Schriften bezeichnet werden. Zwar kam sie während des Mittelalters ausser Mode, ihre Schönheit und Ausgewogenheit wurde aber von den italienischen Druckern und Schriftgiessern der Renaissance wiederentdeckt. Erweitert durch die Kleinbuchstaben der Minuskel entwickelten sie daraus die ersten Antiqua Schriften.
Gebrochene Schriften
Trotz dem Aufkommen der Antiqua blieben die ebenfalls aus der Minuskel entstandenen gebrochenen Schriften nördlich der Alpen bis tief ins 20.Jh. in Gebrauch. Erst der 2. Weltkrieg versetzte ihnen einen Todesstoss. Als „Nazischriften“ kamen sie in Verruf, obwohl diese selbst in einer späten Phase die Schwabacher als „Judenlettern“ betitelten und zur Antiqua wechselten. Heute erleben gebrochene Schriften zeitweise eine Renaissance, beispielsweise in der Hip-Hop oder Heavy Metal Kultur. Ihr Gebrauch bleibt aber in den meisten Fällen problematisch, sei es aus geschichtlicher Perspektive oder rein aus Gründen der Lesbarkeit.
Ende 19. Jh.
Setzmaschinen
Mit der industriellen Revolution kam der automatisierte Satz auf. Die beiden wichtigsten Maschinen hiessen Linotype (von Ottmar Mergenthaler) und Monotype (von Tolbert Lanston). Beide Namen sind heute noch geläufig und sollten jedem Typografen und Grafik Designer ein Begriff sein: Es handelt sich um zwei der weltweit grössten Anbietern von Schrift Design, sogenannten Type Foundries. Mit den neuen Maschinen war es Ende des 19.Jhs. möglich den Satz über eine Tastatur zu erzeugen und somit die Geschwindigkeit, in der gesetzt wurde zu beschleunigen.
Um 1970
Fotosatz
In den 1970er Jahren löste der Fotosatz den immernoch etwas umständlichen Bleisatz ab. Die Buchstaben konnten nun mittels Licht auf lichtempfindliche Folien projiziert und danach gedruckt werden. Diese Technik beschleunigte den Prozess nicht nur, sondern eröffnete dem Gestalter zudem neue Möglichkeiten: Buchstabenabstände konnten mühelos unterschnitten werden, Buchstaben konnten übereinanderbelichtet werden.
Ab ca. 1980
Satz am PC
Was früher von einem Schriftsetzer gemacht wurde, übernimmt heute der Grafiker in Form des Desktop Publishings, des Setzen am PC gleich selbst. Auch Laien haben heute relativ einfach Zugang zu professionellen Schriften. Jedoch bedarf es einigen Know-Hows diese richtig zu setzen um ihnen gerecht zu werden. Denn auch wenn das Aufkommen des PCs möglicherweise ein weiterer Meilenstein in der Geschichte der Schrift darstellt, basieren eine Vielzahl an Begriffen und Tricks immernoch aus der Zeit des manuellen Bleisatzes. Diese gilt es zu kennen und auch am PC gekonnt einzusetzen, um ein bewusst gestaltetes Schriftbild zu erreichen.
Grundsätzlich
Schriften unterliegen wie Bilder einem Urheber und einem Nutzungsrecht. Es ist also grundsätzlich untersagt Schriften zu klauen, auch wenn dies technisch ganz einfach geht, und meist nicht bemerkt wird. Solange man geklaute Schriften nur für Studienzwecke (zB. Entwurfsphase) nutzt, hat meist niemand etwas dagegen. Wird aber der Entwurf realisiert und Geld damit verdient, sollten die Schriften legal erworben werden.
Nutzungsrechte
Auch wenn man es umgangssprachlich häufig anders hört: Digitale Schriften (Fonts) werden nicht gekauft. Man erwirbt keine Fonts, sondern nur ein Nutzungsrecht an ihnen. Dies ist keine sprachliche Spitzfindigkeit, sondern die Unterscheidung zwischen dem Erwerb einer Sache und der Lizenzierung einer Software.
Nutzungsvertrag (EULA)
Schriftlizenzen sind Nutzungsverträge für Software. Man erwirbt das Recht auf eine Nutzung, deren Bedingungen in den Nutzungsvereinbarungen (kurz EULA – End User License Agreement) geregelt sind. Der Nutzungsvertrag kommt daher immer zwischen zwei Parteien zustande: dem Lizenzgeber (Schriftanbieter) und dem Lizenznehmer (Schriftanwender). Lizenznehmer muss dabei immer der tatsächliche Nutzer der Schrift sein. Und dies ist bei Software-Lizenzen also derjenige, bei dem die Software tatsächlich installiert ist. Dies können Einzelpersonen sein (Selbstständige zB.) oder juristische Personen (GmbHs, Aktiengesellschaften etc.). Nur auf deren Rechnern dürfen die Fonts installiert werden. Jegliches »verleihen« an Dritte, auch testweise oder zu privaten Zwecken ist somit von vornherein ausgeschlossen. Manche Schriftlizenzen erwirbt man automatisch mit dem Erwerb eines PCs (zB. Arial von Monotype) oder eines Macs (zB. Helvetica von Linotype). Diese dürfen in den vorhandenen Schnitten frei benutzt werden.
Lizenzgrösse
Die Anzahl der gleichzeitig nutzbaren Installationen ist bei Standardlizenzen in der Regel auf eine bis fünf beschränkt. Anderenfalls müssen separate Multi- Lizenzen erworben werden. Bei einer Standardlizenz bedeutet dies also, dass etwa in einem Designbüro die Schriften nie auf mehr als fünf Rechnern gleichzeitig verfügbar gemacht sein dürfen. Entweder ist der Font auf maximal fünf Rechnern installiert oder ein Fontmanagement-Server sorgt dafür, dass nie mehr als fünf Benutzer den Font gleichzeitig aktivieren können.
Preis
Obwohl die Preise auf den ersten Blick manchem Nutzer als teuer erscheinen, war die Schriftnutzung wohl nie günstiger als heute! Im Bleisatz musste man jeden einzelnen Buchstaben, jeden Schnitt und jede Schriftgrösse bezahlen und die Schriften nutzten sich schnell ab. Im Fotosatz konnten die Preise durch die proprietären Satzsysteme künstlich hochgehalten werden. Durch digitale Schriften sind die Preise drastisch gefallen, auch wenn moderne OpenType-Fonts auf den ersten Blick etwas teuer erscheinen. Dies liegt aber meist nur an dem großen Zeichenvorrat, der früher auf unzählige Einzelfonts verteilt war.
Schrifthersteller
Es gibt zahlreiche sogenannte Schriftenhäuser (Typefoundries), die Schriften entwickeln oder Schriften von unabhängigen Gestaltern vertreiben. Daneben gibt es heute immer mehr kleinere, unabhängige Foundries, die ihre Schriften direkt oder auf Portalen wie myfonts verkaufen. Einige der grossen und bekanntesten sind:
Adobe (A), Berthold (BE), Bitstream (BT), Dutch Type Library (DTL), Font Bureau (FB) Fontshop International (FF), International Typeface Corporation (ITC), Linotype Library (LL), Monotype (M), The Eschedé Font Foundry (URW++)
Typografie und Layout



Detail-Typografie
Schriftenhersteller achten bei der Gestaltung und Aufbereitung ihrer Produkte insbesondere auf eine optimale Lesbarkeit der Schrift. Buchstaben- un dZeilenabstand werden für die unterschiedlichen Schriftgrössen und -schnitte einzeln definiert. Gut gestaltete Schriften sollten deshalb im „normalen“ Satz keine Anpassungen erfordern. Setzt man die Schrift aber etwas kleiner (unter ca. 8 Pt) muss in der Regel der Buchstabenabstand vergrössert werden, um eine optimale Lesbarkeit zu gewährleisten.
Spationieren
Ähnliches gilt für die Gestaltung von Titeln. Hier können auch bei gut gestalteten Schriften zwischen bestimmten Buchstabenpaaren unschöne Lücken entstehen. Bei einer gepflegten Typografie müssen diese deshalb manuell augeglichen werden. Man nennt dies Spationieren.

Unsere lateinische Schrift lässt sich grob in fünf Hauptgruppen unterteilen:
Serifen (Antiqua)
In diese Gruppe fallen alle Schriften mit nicht betonten Serifen, von der Venezianischen Renaissance Antiqua (DIN) bis zu allen modernen Interpretationen. Serifenschriften entstanden um 1500 während der Zeit der Renaissance und waren lange Zeit die vorherrschenden Druckschriften. Ihr charakteristisches Aussehen mit dicken und dünnen Strichen entstand durch das Schreiben mit der Schreibfeder. Als Vorbild diente die antike Schrift der Römer. Aus diesem Grund werden sie heute auch als Antiqua Schriften bezeichnet.
Serifenbetonte (Egyptienne)
Bei dieser Gruppe sind die Serifen viel ausgeprägter. Das heisst die Strichdicke ist (beinahe) gleich stark wie diejenige des Buchstabens selbst. Die Gruppe basiert auf dem Schriftentrend des 19.Jhs. als das Bedürfnis nach auffälligen Schriften für die Werbung aufkam und geht einher mit dem gleichzeitig aufkommenden Interesse für die Kultur der Ägypter. Obwohl sie nichts mit der ägyptischen Schrift zu tun haben, werden diese Schriften als Egyptiennes bezeichnet. Im Englischen sind sie auch als Slab Serif bekannt.
Serifenlose (Grotesk)
Wie der Name schon sagt, besitzen diese Schriften keine Serifen. Auch hier sind sowohl die klassischen, wie auch jede Neuschöpfung gemeint. Im deutschen Sprachraum sind diese Schriften auch als Grotesk bekannt, da sie bei ihrer Entstehung Anfang des 19.Jhs. als etwas merkwürdige, also groteske Erscheinung angesehen wurden, da bis anhin jede Schrift auf Serifen stand.
Script (Schreibschrift)
Scriptschriften leiten sich vom flüssigen Schreiben mit der Hand ab. Es gibt die unterschiedlichsten Ausprägungen von der elegant-gekonnten Künstlerhandschrift bis zu provokativ-dilettantischen Scribbleschriften. Der handschriftliche Charakter ist in jedem Fall noch erkennbar, wird aber meist beim späteren Schriftschneiden bezw. bei der digitalen Bearbeitung am Computer verfeinert und vereinheitlicht.
Gebrochene (Gotisch)
Gebrochene Schriften sind im 12.Jh. im Zeitalter der Gotik entstanden und weisen durch die Schreibfeder bedingte „Brüche“ in der Linienführung auf, welche an die Architektur der damaligen Zeit erinnern. Aus diesem Grund sind sie auch als Fraktur oder gotische Schriften bekannt. Zu zweifelhaftem Ruhm gelangten sie zur Zeit des 3. Reichs, weshalb sie heute auch teilweise als Nazi-Schriften verkannt werden. Obwohl sie in gewissen Szenen nachwievor Verwendung finden, sind sie auch aufgrund der erschwerten Lesbarkeit für das moderne Grafik Design kaum von Bedeutung.
Zusätzlich können folgende Schriften ebenfalls als separate Gruppen betrachtet werden. Auch wenn ihr Ursprung meist in einer der oben genannten Hauptgruppen zu suchen ist, weisen sie technisch bedingt einen ganz eigenen Charakter auf:
Monospace
Monospace Schriften stammen aus der Zeit der Schreibmaschinen. Jedem Zeichen wird hier genau gleich viel Raum zur Verfügung gestellt, was charakteristische Auswirkungen auf Zeichen und Schriftbild hat. Oft verwenden Monospace Schriften nur bei den schmalen Buchstaben Serifen, um somit den horizontalen Platzbedarf zB. bei i und l auszugleichen.
Screen-Schriften
Sind eigens für die Betrachtung an den unterschiedlichsten Screens der modernen Welt gestaltete Schriften, bei welchen mit einer Beschränkten Anzahl Bausteinen (Pixel) ein möglichst harmonischer und umfangreicher Zeichensatz geschaffen wurde.
Neben dem Formprinzip lassen sich Schriften nach dem formal subtileren Kriterium des Stilprinzips unterscheiden:
Dynamisch
Die Buchstabenformen sind offen (zu sehen bei a, c und e), die Versalien deutlich unterschiedlich breit (zB. H zu F). Die Schattenachse ist schräggestellt. So entsteht insgesamt ein lebendiges, dynamisches Schriftbild. Solche Schriften können sympathisch, warmherzig, natürlich, einladend und zeitlos wirken. Sie sind sehr gut lesbar und eigenen sich deshalb für Mengensatz, Buchtypografie und Korrespondenz.
Statisch
Die Buchstabenformen sind geschlossen (zu sehen bei a, c und e), die Versalien wurden in ihrer Breite einander angeglichen (zB. H zu F). Weist die Schrift einen Strichstärkenkontrast auf, ist die sogenannte Schattenachse gerade. Insgesamt ergibt sich so ein viel ruhigeres aber auch strengeres, kühleres, eben etwas statisches Schriftbild. Solche Schriften können edel, modisch, elegant und klassisch wirken. Sie sind in längeren Texten, kleineren Anwendungen und am Bildschirm nicht optimal lesbar.
Geometrisch
Die Buchstaben sind aus geometrischen Grundformen konstruiert, die Rundungen sind (beinahe) kreisrund (zu sehen bei a, c und e), die Strichstärken gleichmässig. Das gemeine a ist meist einstöckig. Sie wirken rational, neutral, geplant. Leider sind sie in längeren Texten nicht sehr gut lesbar, da sich die Buchstabenformen zu wenig unterscheiden und die ausgeprägten Rundungen zu viel Platz einnehmen. Sie eignen sich aber in allen Druckqualitäten und können für Überschriften, Werbung, kürzere Texte und auch am Bildschirm problemlos eingesetzt werden.
Dekorativ & Provozierend
Es gibt eine Menge an Schriften, welche vorwiegend für grafisch gestaltete Überschriften, spezielle Werbezwecke wie Flyer, Plakate oder auch Logos entworfen werden. Man nennt sie deshalb auch Display-Schriften. Sie weisen oft keinen kompletten Zeichensatz auf, besitzen dafür hübsche Ergänzungen, welche den schmückenden Charakter zusätzlich unterstützen. Während bei der dekorativen Variante schriftgestalterische Grundsätze mit einem Hang zur Übertreibung und Virtuosität noch erhalten bleiben, werden diese bei provozierenden Schriften ganz bewusst gebrochen. Solche Schriften können absichtlich laienhaft, kindlich, dahingeschmiert wirken, oder sie gehen ganz einfach an die Grenzen der Lesbarkeit. Durch ihre provokativ andere Art erzeugen sie Aufmerksamkeit. Für das Lesen grösserer Textmengen sind beide Varianten ungeeignet. Oft entstammen sie einer bestimmten Stilrichtung, Jugendbewegung oder Kulturszene. Sie sind geprägt vom Zeitgeist einer Epoche oder nehmen als Retro Design Bezug auf diesen.
Wer mit gut gestalteten Schriften arbeitet, braucht oft nicht mehr als eine Schriftfamilie. Nach dem Grundprinzip von Ähnlichkeit und Kontrast und mit dem nötigen Fingerspitzengefühl können aber auch Schriften aus unterschiedlichen Familien miteinander zu kombiniert werden. Hierbei hilft die Schriftgruppen-Matrix:

Es gilt grundsätzlich:
Vertikal mischen erlaubt, horizontal mischen verboten!
Zum Beispiel kann eine statische Grotesk für Titel und eine statische Antiqua im Lesetext verwendet werden. Setzt man hingegen eine dynamische Antiqua neben eine statische Antiqua sind sich diese formal zu ähnlich und stilistisch zu verschieden.
Schriftgrad
Bezeichnet in der Typografie die Größe einer Schrift und wird in Pt angegeben. Da der Schriftgrad den Schriftkegel misst und nicht das sichtbare Schriftbild gibt es keine allgemeingültige Regel, wie gross eine Schrift in welcher Anwendung sein muss. Die folgenden Richtwerte gelten für Lesetypografie in Printmedien zwischen ca. A5 und A3. Ein Probedruck auf einem Laserdrucker wird in jedem Fall empfohlen.
Satzbreite (Spaltenbreite)
Ist neben einem passenden Schriftgrad die wichtigste Komponente für gute Lesbarkeit. Die Faustregel sagt: 40-80 Zeichen inklusive Zahlen, Satzzeichen und Leerräume.
Zeilenabstand
Aus der Satzbreite ergibt sich der Zeilenabstand. Auch dieser wird in der Regel in Pt angegeben und beträgt ca. 120% des Schriftgrades. Je schmaler die Spalte, desto geringer muss der Zeilenabstand sein.
Durchschuss
Wird oft gleichgesetzt mit dem Zeilenabstand, meint aber nicht genau dasselbe. Der Durchschuss bezeichnet die optisch weisse Fläche zwischen zwei Textzeilen, während der Zeilenabstand von Grundlinie zu Grundlinie misst.
Laufweite
Bezeichnet den Buchstabenabstand einer Schrift. Professionelle Schriften werden vom Hersteller auf einer Grösse zwischen 8 und 12 Pt optimiert, was heisst, dass bei Mengentext eigentlich kein Eingreifen notwendig ist.
Spationierung
Ist der Text jedoch kleiner oder grösser, wird er möglicherweise für ein Plakat oder ein Logo verwendet, so gilt es den Abstand notfalls einzeln von Buchstabe zu Buchstabe zu optimieren, man nennt dies Spationierung.
Strichstärke
Die Strichstärke bezeichnet die Dicke der Buchstaben an den unterschiedlichen Stellen und ist charakteristisch für deren Familienzugehörigkeit. Antiqua Schriften leben zB. von ihrer unterschiedlichen Strichstärke. während Egyptienne und Grotesk Schriften einen annährend gleichstarken Strich aufweisen.
Schriftschnitt
Mit Schriftschnitt sind die unterschiedlichen Auszeichnungen einer Schrift gemeint. Sie werden je nach Schriftfamilie unterschiedlich bezeichnet. Z.B. Ultra Light, Thin, Roman, Bold, Heavy, Black, bei der Helvetica Familie.

Schriftlage und Schriftbreite
Bezeichnen die Abweichungen vom Normalschnitt in Bezug auf die Horizontale. Auch diese Bezeichnungen varieren je nach Schriftfamilie. Z.B. condensed, extendend für eine unterschiedliche Schriftbreite sowie italic/oblique für eine unterschiedliche Schriftlage.
Schriftfamilie
Eine Schriftfamilie besteht aus mehreren Schriftschnitten mit je unterschiedlichen Schriftlagen und -breiten, was bedeutet, dass Strichstärke, Schriftbreite und Schriftlage sich ändern, ohne aber das einheitliche Gestaltungsprinzip, welches die Familie ausmacht zu verlassen.
Schriftsippe
Heutzutage werden Schriften oft nicht nur als Schriftfamilie angelegt sondern als ganze Schriftsippen. Dies bedeutet, dass zB. neben einer Serif auch gleich eine Sans und eine Slab angeboten werden, welche nach dem selben Stilprinzip gestaltet wurden. Die Sippenmitglieder lassen sich somit problemlos kombinieren. Beispiele für solche Schriftsippen sind: Corporate S,E und A, The Sans, The Serif und The Mix, ITC Legacy, Officina, Rotis oder Museo.
Text und Textsatz
Die Frage: «Wie setze ich den Text innerhalb des Satzspiegels?» ist wohl eine der entscheidendsten Fragen des Layouters. Neben Schriftwahl und Schriftgrösse ist hier die Satzart entscheidend. Soll der Text also linksbündig, als Block- oder zentrierter Satz gesetzt werden? Sämtliche Satzarten bieten gewisse Vor- und Nachteile.
Linksbündiger Flattersatz
Wie der Name schon sagt, sind die Zeilen beim Flattersatz unterschiedlich lang. Die Kante flattert. Sauberer Flattersatz sollte vom Gestalter deshalb manuell korrigiert werden. Er achtet dabei darauf, dass die Zeilen möglichst unterschiedlich lang sind und keine Figuren oder bauchige Formen entstehen. Die Silbentrennungen sollten möglichst gering sein. Mehr als zwei aufeinanderfolgende Zeilen mit Silbentrennung sollten vermieden werden. Sauber gesetzter Flattersatz wirkt somit nicht zwingend unruhig, sondern dynamisch und lebendig.
Blocksatz
Der Blocksatz gilt gemeinhin als ruhiger und wird deshalb oft bevorzugt für Bücher, Zeitschriften und Magazine. Der Nachteil des Blocksatzes liegt in den unregelmässigen Wort- und Buchstabenabständen, die entstehen können. Für einen sauberen Blocksatz ist deshalb insbesondere auf genügend Satzbreite zu achten. Diese sollte 65 bis 130 mm betragen, oder anders gesagt 40 bis 80 Zeichen beinhalten. Zudem kann im Programm durch die aktivierte Silbetrennung sowie einer linksbündigen letzten Zeile dem Problem entgegengewirkt werden. Allenfalls müssen zusätzliche Einstellungen für den Wort- und Zeichenabstand in den Voreinstellungen des Programms vorgenommen werden.
Rechtsbündiger Flattersatz
Rechtsbündiger Flattersatz wird meist für Bildlegenden oder in Randspalten verwendet. Für normalen Mengentext ist er ungeeignet. Da unser Lesefluss von links nach rechts führt, gelingt der Einstieg in eine neue Zeile besser an einer geraden Kante.
Zentrierter Flattersatz
Auch der zentrierte Flattersatz eignet sich wenig für Mengentext. Das Problem ist die Unverträglichkeit mit anderen Gestaltungselementen. Entweder werden diese ebenfalls zentriert im Layout oder man wählt lieber eine andere Satzart. Durch seine Symmetrie kann er edel und ausgewogen wirken.
Formsatz
Beim Formsatz, auch Kontursatz genannt, werden die Zeilen eines Textes passend zu den Umrissen eines eingefügten Objektes (z. B. einer Abbildung) angeordnet oder der Text in der Kontur eines bestimmten Objektes gesetzt. Es ist darauf zu achten, dass der Lesefluss nicht allzu stark beeinträchtigt wird, und beispielsweise nicht zu viele kurze Zeilen entstehen. Der Formsatz kann zu sehr gelungenen und speziellen Lösungen führen, erfodert aber einige Erfahrung und viel Fingerspitzengefühl im Umgang mit Satzgestaltung.
Grauwert
Damit ein Text für das Auge des Lesers angenehm wirkt, soll er aus einer bestimmten Distanz als mittleres Grau erscheinen. Man spricht hier vom sogenannten «Grauwert». Dieser ist abhängig von der Schriftgrösse, der Strichstärke und dem Schriftschnitt, vom Durchschuss, sowie von der Laufweite des Textes. Es ist aber auch üblich den Text nicht 100% Schwarz zu setzen, sondern etwas heller: 80-90%.
Um dies für ein Printprodukt zu testen, sollte immer ein Ausdruck (mit Vorzug auf einem Laserdrucker) gemacht werden, welcher aus genügender Distanz zu betrachten ist.
Um ein Layout über mehrere Seiten einheitlich wirken zu lassen, eignet es sich der Gestaltung einen klaren Rahmen zu geben. Der Satzspiegel definiert hierzu die Nutzfläche der Seite – er sagt also, wo eine Seite Text, Bilder und Grafiken enthalten soll.

Der Satzspiegel wird seitlich durch die Stege, also die unbedruckten Abstände zwischen dem Satzspiegel und dem Rand begrenzt.

Da meist die gesamte Doppelseite betrachtet wird, sollte die Gestaltung auch entsprechend auf die Doppelseite ausgerichtet werden. Das heisst, dass zB. bei einer Broschüre der Bundsteg schmaler ist, als die Aussenstege. Achtung: Bei einer gebundenen Heftung gilt meist genau das Gegenteil. Hier sollten die Bundstege genügend breit sein, da durch die Bindung (Wölbung) der sichtbare Raum verkürzt wird.
Satzspiegel können frei definiert und den Ansprüchen und Platzverhältnissen eines Produkts entsprechend gewählt werden. Sie sollten jedoch immer genügend Weissraum (unbeschriebene Fläche) aufweisen, damit das Auge „atmen“ kann, und ein angenehmer Gesamteindruck entsteht.
Bilder sind ebenfalls ein tragendes Element in einem Layout. Bilder können entweder als Beispiele zur Verdeutlichung des Inhalts oder als Eye-Catcher eingesetzt werden, um dem Betrachter einen Inhalt schmackhaft zu machen. Auch Bilder werden grundsätzlich dem Gestaltungsraster (Satzspiegel) angepasst. In der modernen Gestaltung werden sie jedoch nicht selten dazu eingesetzt, den strengen Satzspiegel aufzubrechen und helfen so das Layout aufzulockern. Dadurch können sie auch mal randabfallend sein, diagonal ausgerichtet oder sogar über den Bund gesetzt werden.
Bezeichnet die Seitenzahl bei mehrseitigen Gestaltungen. Die Pagina gehört in der traditionellen Buchgestaltung nicht zum Satzspiegel.
Bezeichnet eine Zahl oder Kapitelbezeichnung, welche der Orientierung innerhalb der Gestaltung dient. Die Typographie unterscheidet zwischen «lebenden » und «toten» Kolumnentitel.
Unter einem «Toten Kolumnentitel» versteht die traditionelle Buchtypographie die Pagina, also die Seitenzahl eines Buches. Heute wird vermehrt aber ein der Seitenzahl beigefügter Text so bezeichnet, der sich über die gesamte Gestaltung nicht ändert. Außerhalb der traditionellen Buchgestaltung werden Seitenzahl und Text auch voneinander getrennt.
Der «Lebende Kolumnentitel» ist eine Kapitelbezeichnung (Zahl und/oder Text), die auf den nachfolgenden Seiten ihren Inhalt ändert. Nämlich genau dann, wenn das nächste Kapitel oder die nächste Rubrik beginnt. Er kann beispielsweise aus Hauptüberschriften, Kapitelüberschriften, Untertiteln oder Rubrikentiteln etc. bestehen. Der «Lebende Kolumnentitel» gehört in der traditionellen Buchgestaltung zum Satzspiegel dazu, der tote Kolumnentitel nicht. Bei Zeitschriften und Magazinen können heute aber beide auch ausserhalb stehen (Im Kopf- bzw. im Fußsteg, oder sogar vertikal im Bund- oder Aussensteg).

Ausser bei Romanen wird ein einspaltiger Satzspiegel höchst selten verwewendet. Schon ab einer Grösse von ca. A4 wird eine Spalte nämlich schnell einmal zu breit, um noch angenehm gelesen werden zu können. Man teilt den Satzspiegel deshalb in mehrere Spalten auf. Neben einem besseren Lesekomfort eröffnet dies dem Gestalter zusätzliche Möglichkeiten ein Layout abwechslungsreich zu gestalten, ohne dabei die Ordnung zu verlieren. Die einfachste Form ist hierbei ein zweispaltiger Satzspiegel. Dieser kann entweder aus zwei gleich breiten Spalten bestehen oder aus einer breiteren Spalte für den Haupttext und einer schmaleren Randspalte, einer sogenannten Marginalspalte für zusätzliche Stichworte, Erklärungen, Zusammenfassungen, Quellenangaben oder auch Bilder und Tabellen.

Grundsätzlich ist es natürlich möglich das Verhältnis der beiden Spalten frei zu wählen. In der Regel jedoch ist es üblich auch hier mit abgestimmten Proportionen zu arbeiten. Für die breitere Spalte werden deshalb mehrere schmale Spalten zusammengefasst. Der Spaltenabstand soll so weit gewählt werden, dass der Leser auf keinen Fall in die nächste Spalte springt, sondern direkt nach unten in die nächste Zeile. Er sollte somit mindestens dem Zeilenabstand entsprechen. Müssen aus Platzgründen die Spalten eng aneinader geschoben werden, können sie durch eine feine Linie getrennt werden.
Wir stellen also fest, dass es zwei Arten von Spalten gibt: Die Rasterspalten (Rot) und die Textspalten (Grau). Die beiden können sich genau entsprechen, müssen aber nicht. Es ist nicht unüblich ab einer gewissen Seitengrösse mit 4, 5 oder 6 Rasterpalten zu arbeiten, auch wenn diese für den Leser selten als solche ersichtlich sind. Ein solches Layout bietet aber die grösseren gestalterischen Variationen. Nicht zuletzt da auch die Bilder (schwarz) daran ausgerichtet werden können:


Typografische Gestaltungsraster sollen dem Grafikdesigner helfen Layouts klar und übersichtlich zu strukturieren und gewährleisten zudem eine einheitliche Erscheinung über mehrere Seiten eines Produkts hinweg. Sie dürfen aber nicht zum Gefängnis werden. Es ist deshalb durchaus üblich das erstellte Raster mit gewissen Elementen zu brechen. Beispielsweise verlassen die Bilder im obenstehenden Schema die Grenzen des Gestaltungsrasters. Es gilt aber stets das Motto:
«Kenne die Regeln, die du brichst!»
Ein Text besteht nicht einfach aus einem einheitlichen Brei von Buchstaben. Ebenso wichtig ist es deshalb den Text zu hierarchisieren. Also Titel, Untertitel oder bestimmte Begriffe von der Textmasse abzuheben. Man spricht hier von Auszeichnen. Dies kann zB. in Form eines grösseren Schriftgrades, eines fetteren Schriftschnittes oder innerhalb des Textes mittels Kursiven geschehen. Ebenso kann mit sogenannten Einzügen oder Initialen am Anfang eines Abschnittes gearbeitet werden. Auch durch die unterschiedliche Ausrichtung der Textelemente können Auszeichnungen gemacht werden, denn Text muss keineswegs immer von links nach rechts verlaufen.
